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Fachartikel
12.9.2022

Warum Batteriespeicher die Strompreise senken

Lesedauer:
3 min

Angesichts der extremen Erschütterungen des europäischen Strommarkts infolge des Kriegs in der Ukraine kennt der Strompreis seit Monaten nur eine Richtung – nach oben. Messbar ist diese „Fieberkurve“ zum Beispiel am Preis, der auf dem Markt für die Lieferung einer konstanten Strommenge für das Folgejahr („baseload“, also unter Annahme einer gleichbleibenden Leistung über das gesamte Kalenderjahr hinweg) aufgerufen wird. Am 29. August 2022 wurde für die Lieferung einer Megawattstunde Strom im Jahr 2023 in der Spitze über 1.000 Euro gezahlt. Das entspricht einem Euro pro Kilowattstunde, wohlgemerkt nur für die Stromerzeugung also ohne Steuern, Umlagen, Abgaben und Netzentgelte. Gerade einmal ein Jahr zuvor, Ende August 2021, hätte man an der Börse für dieselbe Megawattstunde mit Lieferung im Jahr 2023 nur 70 Euro (entspricht 7 Cent je Kilowattstunde) gezahlt – ein Anstieg um Faktor 15 innerhalb eines Jahres!

Die möglichen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft und auf jeden einzelnen Endverbraucher sind unabsehbar und die aktuellen Anstrengungen zur Senkung der Preise sind absolut gerechtfertigt. Häufig wird an dieser Stelle davon gesprochen, dass ein „Angebotsschock“ besteht und dass das beste Mittel zur Senkung der Preise darin besteht, zusätzliche Stromerzeugung schnell in den Markt zu bringen. Vor diesem Hintergrund läuft auch die Diskussion über eine verlängerte Laufzeit deutscher Atomkraftwerke und über eine befristete Rückkehr bereits ausgemusterter Kohlemeiler an den Markt. So weit, so herausfordernd – so weit, so klar.

Welchen Einfluss haben Batteriespeicher auf das Strompreisniveau?

Was sich hierbei nicht auf den ersten Blick erschließt: Energiespeicher wie beispielsweise Batteriespeicher leisten einen Beitrag zur Senkung der Strompreise. Bei Batteriespeichern kommt mit Blick auf die aktuelle Energiekrise hinzu, dass neue Kapazitäten trotz aller Probleme mit den globalen Lieferketten – auch derzeit – relativ schnell realisiert werden können. Beispielsweise gehen die von Kyon Energy im Jahr 2021 entwickelten Batteriespeicher bis Ende dieses Jahres ans Netz, mit zügigem Realisierungszeitraum zwischen der ersten Projektidee und der Inbetriebnahme. Speicher, die aktuell geplant werden, können also teils schon ab dem übernächsten Krisenwinter 2023 – 2024 einen substanziellen Beitrag zur Stabilisierung der Energiemärkte leisten.

Doch gehen wir an dieser Stelle einen Schritt zurück: Wie tragen Energiespeicher überhaupt zu einer Senkung der Preise bei? Immerhin wird die Erzeugung lediglich verschoben, aber nicht erhöht. Können Speicher in einer solchen Situation somit überhaupt eine Entlastung für die Strommärkte schaffen?

Die nicht direkt einleuchtende Antwort lautet: Ja! Durch das Laden eines Speichers in Phasen niedriger Preise, zum Beispiel tagsüber mit großen Mengen Sonnenstrom oder bei starkem Wind, und durch das Entladen in Phasen hoher Preise, zum Beispiel nach Sonnenuntergang oder bei einer Windflaute, wird der Strompreis insgesamt tatsächlich gesenkt. Für die Erklärung ist ein Blick in die Mechanismen der Preisbildung auf Strommärkten nötig.  

Wie bilden sich die Preise am Strommarkt?

Der Preis bildet sich aus der Zahlungsbereitschaft der Verbraucher für Strom einerseits, und der Preiserwartung für Stromerzeugung andererseits. Die Zahlungsbereitschaft der Stromverbraucher ist typischerweise hoch und lässt sich nur wenig von Preisänderungen beeinflussen. Haushaltskunden zahlen zum Beispiel in der Regel ganzjährig gleich viel für ihren Strom, egal ob der Strom an der Börse aktuell günstig oder teuer ist. Sie haben also keinen Anreiz zur Verschiebung ihres Verbrauchs. In der Industrie oder bei neuartigen Verbrauchern wie Elektroautos ist der Einfluss von Preissignalen höher, er bleibt aber insgesamt eher gering. Volkswirte sprechen von einer niedrigen Preiselastizität.

Bei der Erzeugung leitet sich die Preiserwartung aus den Kosten ab, die für eine zusätzliche Kilowattstunde Stromerzeugung entstehen. Generell lässt sich sagen: Bei Wind- und Sonnenenergie sind diese zusätzlichen Kosten fast gleich Null, denn sind die Windräder oder Photovoltaikanlagen einmal gebaut, kostet der Betrieb kaum Geld. Wind und Sonne stehen kostenlos zur Verfügung. Anders sieht es bei konventionellen Kraftwerken aus. Hier spielen insbesondere die Brennstoffkosten neben den in Europa erhobenen Kosten für die Emission von CO2 eine entscheidende Rolle. Dies ist auch aktuell der fundamentale Grund für die häufig extrem hohen Strompreise, denn immer wenn Gaskraftwerke für die Deckung der Nachfrage benötigt werden, müssen Betreiber von Gaskraftwerken mindestens ihre (hohen) Brennstoffkosten decken, um noch einen Anreiz zur Stromproduktion zu haben.

Im Ergebnis bildet sich eine sogenannte „Merit-Order“-Kurve des Stromangebots, die zunächst getrieben durch die Erneuerbaren sehr flach verläuft, und dann im Bereich der konventionellen Kraftwerke steil ansteigt. Aus dem Schnittpunkt zwischen Stromangebotskurve und Stromnachfragekurve bildet sich der Börsenpreis.  

Betrachten wir nun zunächst die Situation am Strommarkt in Zeiten niedriger Preise. Wird – wie aktuell immer häufiger der Fall – die Stromnachfrage größtenteils von Erneuerbaren (und ggf. teils von anderen eher günstigen Energiequellen wie Braunkohle) gedeckt, liegt der Strompreis sehr niedrig und teils sogar trotz des allgemein hohen Preislevels nahe Null. Wird in diesen Zeiten zusätzliche Nachfrage durch die Beladung eines Speichers geschaffen, reagieren die Preise am Markt nur geringfügig, da die Angebotskurve hier noch „flach“ ist.  

Stellen wir uns hier also eine – künftig immer häufiger auftretende - Situation vor, in der die gesamte Energienachfrage aus Erneuerbaren gedeckt wird. Der Preis liegt bei fast Null und der Speicher kann dann den überschüssigen erneuerbaren Strom am Markt sehr günstig aufnehmen, ohne dass der Preis stark nach oben getrieben wird.

In dunklen und windstillen Zeiten, wenn der Strompreis stark ansteigt, ist das Stromangebot hingegen deutlich stärker ausgeschöpft und teure Kraftwerke werden für die Stromproduktion benötigt. In diesem Bereich ist die Angebotskurve typischerweise „steil“. Die Herausnahme des teuersten Erzeugers auf dem Markt – dies könnte konkret zum Beispiel das ineffizienteste Gaskraftwerk sein, das zur Deckung der Nachfrage benötigt wird – hat also einen stark preisdämpfenden Effekt. Genau diesen Effekt hat die Entladung des Speichers, der in Zeiten von Knappheit zusätzliches Angebot schafft und somit die teure (konventionelle) Erzeugung verdrängt.

Fazit

Die Realität am Strommarkt ist selbstverständlich komplexer, als sie hier zur Vereinfachung beschrieben wurde. Dennoch sind die beschriebenen Effekte eindeutig zu beobachten und im Ergebnis lässt sich feststellen: Unter dem Strich führt der Betrieb von Speichern nicht nur zu einer Glättung der Preise auf den Märkten, sondern auch insgesamt zu einer Senkung des Preisniveaus. Der Grund hierfür liegt darin, dass die Preise bei Beladung tendenziell nur leicht ansteigen, bei Entladung aber tendenziell wesentlich stärker nachgeben, als wenn der Speicher nicht am Markt aktiv wäre. Ganz nebenbei werden Erneuerbare in Zeiten eingespeichert, in denen sie sonst entweder ins Ausland „verschenkt“ oder wegen Netzengpässen komplett abgeschaltet worden wären (siehe hierzu unseren Artikel Stromsystem der Zukunft).

Gibt es auch irgendwo einen Haken? Nicht wirklich. Solange die Preissignale für Speicherbetreiber Gewinne versprechen, wird verstärkt in Speicher investiert. Dies ist auch aktuell zu beobachten, die Preissignale funktionieren also. Erleben wir in den kommenden Monaten weitere Preisspitzen an den Märkten, können wir immerhin sicher sein, dass es ohne den Einsatz von Speichertechnologien noch schlimmer gekommen wäre und dass der starke Zubau von Batteriespeichern, wie Kyon Energy ihn vorantreibt, in Zukunft bei der Dämpfung der Strompreise helfen wird.

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