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Allgemein
26.1.2024

Wie der Ausbau von Batteriegroßspeicher die Energiekosten in Deutschland um 12 Milliarden Euro senken wird

Lesedauer:
5 min

Die fortschreitende Energiewende hat in Deutschland zu einem deutlichen Anstieg des Anteils erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch geführt. Im Jahr 2022 beträgt dieser Anteil bereits 46%, im Vergleich zu nur 6,3% im Jahr 2000. Dieser Anstieg hat das Stromsystem in Deutschland grundlegend verändert. Die Dekarbonisierung des Stromsystems bis zum Jahr 2045 stellt jedoch eine noch große Herausforderung dar. Dies liegt daran, dass nicht nur die verbleibende fossile Stromerzeugung eliminiert werden muss, sondern auch ein erheblicher Teil des bisher nicht elektrischen Energieverbrauchs elektrifiziert werden soll. Dies erfordert zusätzliche Kapazitäten für erneuerbare Stromerzeugung.

Batteriegroßspeicher spielen dabei eine tragende Rolle: Mit ihren vielfältigen Anwendungsszenarios gleichen sie Schwankungen im Stromnetz aus und beugen Leistungsüberlastungen vor. Gleichzeitig ermöglichen sie die bessere Integration von Erneuerbare-Energien-Anlagen ins Netz.

Die steigende Nachfrage nach Flexibilität im Stromnetz hat den Bedarf an Energiespeichern bei politischen Entscheidungsträgern, die dieses Thema jahrelang vernachlässigt haben, zunehmend in den Fokus gerückt. Erst im Dezember 2023 präsentierte die deutsche Regierung eine Strategie zur Stromspeicherung. In diesem Kontext liefert eine Studie des führenden deutschen Energieberatungsunternehmens Frontier Economics, welche von Kyon Energy, Fluence, BayWa, enspired und ECO STOR in Auftrag gegeben wurde, entscheidende Erkenntnisse über die zukünftige Bedeutung der Energiespeicherung für das deutsche Stromsystem. Im Folgenden werden die wichtigsten Studienergebnisse zusammengefasst.

Ausbau von Batteriespeichern wird massiv ansteigen

Heute sind in Deutschland Batteriegroßspeicher mit einer Kapazität von 1,5 GWh  installiert (Stand: Januar 2024). Folgt Deutschland internationalen Trends, wird sich die Leistung und das Speichervolumen von Batteriegroßspeichern in den kommenden Jahren vervielfachen. Die Kapazität von Großbatterien in Deutschland kann der Marktsimulation von Frontier Economics zufolge allein bis zum Jahr 2030 auf 15 GW / 57 GWh ansteigen – was beinahe eine Vervierzigfachung der Speicherkapazität im Vergleich zu heute wäre. Bis 2040 könnte die Kapazität auf 24 GW / 94 GWh und bis 2050 auf 61 GW / 271 GWh steigen. Dabei wird nur der Day-Ahead Großhandelsmarkt berücksichtigt, zusätzlich ist mit weiteren Batteriekapazitäten zu rechnen, die sich über Intraday- und Systemdienstleistungsmärkte finanzieren. Damit bestätigt die Studie auch die Ergebnisse weiterer großer Studien wie etwa des Fraunhofer ISE und des Szenarioannahmen für den Ten-Year-Network-Development-Plan (TYNDP).

Batteriegroßspeicher generieren einen volkswirtschaftlichen Nutzen von 12 Mrd. €

Großbatteriespeicher können einen erheblichen volkswirtschaftlichen Mehrwert generieren. Dies geschieht durch die Verschiebung der Verfügbarkeit von Strom aus Zeiten mit Stromüberschuss in Zeiten mit einem Strommangel. Frontier Economics beziffert den Mehrwert aus Einsparungen am Großhandelsmarkt allein auf etwa 12 Milliarden Euro bis zum Jahr 2050 – sogar ohne den zusätzlichen Nutzen für Systemdienstleistungen, der Vermarktung am Intradaymarkt oder weitere volkswirtschaftliche Folgeeffekte zu berücksichtigen. Ein wesentlicher Treiber dieser Einsparungen besteht in eingesparten Brennstoff- und CO2-Kosten. 

Speicher können im Wesentlichen durch folgende Effekte zu Ersparnissen beitragen:

1. Weniger Investitionen in Gaskraftwerke notwendig 

Der Ausbau von Batteriegroßspeichern kann wesentlich dazu beitragen, den Zubau von Gaskraftwerken zu reduzieren. Bis 2030 sind zurzeit 26 GW neue Gaskraftwerke geplant. In einem Szenario ohne Speicherausbau müssten jedoch noch weitere 9 GW an Kraftwerken gebaut und betrieben werden. Geht der Speicherausbau jedoch wie erwartet weiter, werden 2030 rund 6,2 Millionen Tonnen und im Jahr 2040 rund 7,9 Millionen Tonnen CO2 vermieden.

2. Großhandelspreise sinken 

Die Studie zeigt außerdem, dass Großbatteriespeicher eine preissenkende Wirkung auf den Großhandelspreis haben und diesen zwischen 2030 und 2050 im Durchschnitt um etwa einen Euro pro MWh reduzieren. Die Senkung der Großhandelspreise in Hochpreiszeiten führt zu insgesamt niedrigeren Stromkosten für die Endverbraucher, auch wenn die Energiespeicherung die Stromkosten in Niedrigpreiszeiten leicht erhöht. Da die preissenkende Wirkung von Batteriespeichern tendenziell zu solchen Zeiten auftritt, in denen viel Strom verbraucht wird, ist der Effekt für Verbraucherinnen und Verbraucher noch größer: im Durchschnitt von 2030 bis 2050 bei 1,1 Euro pro MWh.  Wenn keine Möglichkeit besteht, Großbatteriespeicher durch zusätzliche Gaskraftwerke zu ersetzen, wäre im Durchschnitt von 2030 bis 2050 mit einem um 4 €/MWh höheren Großhandelspreis zu rechnen.  

3. Batteriegroßspeicher reduzieren Preisvolatilität 

Darüber hinaus senken Batteriegroßspeicher auch die Preisvolatilität im Strommarkt. Dies wird in den durchschnittlichen Preisverläufen eines Tages deutlich sichtbar. In Stunden mit niedrigen Strompreisen erhöhen sie zwar durch den Ladevorgang den Strompreis. Während hoher Strompreisspitzen reduzieren sie ihn jedoch wieder – und dieser Effekt ist deutlich stärker. Die geringere Volatilität ermöglicht es Marktteilnehmern, genauere Vorhersagen der Strompreise zu treffen, ihre Beschaffungsstrategien besser zu planen und die Strukturierungs- und Ausgleichsenergiekosten von Marktteilnehmern zu reduzieren. 

Batteriegroßspeicher bieten Flexibilität

Großbatteriespeicher werden auch in Zukunft einen wertvollen Beitrag zur Flexibilisierung des Stromsystems leisten. Die Marktsimulation der Studie zeigt, dass sich in Deutschland die installierte Leistung von Solar- und Windkraftanlagen von 129 GW Anfang 2023 bis zum Jahr 2030 auf 360 GW, bis zum Jahr 2040 auf 562 GW und bis zum Jahr 2050 auf 792 GW erhöht. Entsprechend wird das zukünftige Stromsystem in Deutschland deutlich mehr Flexibilität zur Integration der erneuerbaren Energien benötigen. Gleichzeitig sinkt jedoch die Leistung steuerbarer Kohle- und Gaskraftwerke von 72 GW Anfang 2023 auf 49 GW in 2030, 54 GW in 2040 und 63 GW in 2050.

Batteriegroßspeicher sind in diesem Marktumfeld eine der wenigen Technologien, die dem Strommarkt steuerbare Leistung zur Verfügung stellen können. Die hohe Reaktionsgeschwindigkeit von Batteriespeichern ermöglicht es dabei über den Day-Ahead-Markt hinaus, wertvolle positive und negative Flexibilität auf dem Intradaymarkt anzubieten und so die Liquidität des Intradaymarktes zu stützen. So handeln Großbatteriespeicher bereits heute ein der tatsächlich gelieferten Energie am Intradaymarkt.  

Fazit

Die Bedeutung von Großbatteriespeichern für das deutsche Stromsystem wird in Zukunft weiter zunehmen. Bis 2050 können Batteriespeicher der Studie zufolge einen volkswirtschaftlichen Nutzen von mindestens 12 Milliarden Euro generieren. Hierbei werden zusätzliche Nutzen für Systemdienstleistungen, der Vermarktung am Intradaymarkt oder weitere volkswirtschaftliche Folgeeffekte noch nicht berücksichtigt. Da Batteriegroßspeicher rein marktgetrieben – ohne staatliche Förderung – zugebaut werden, entfällt zusätzlich der Bedarf nach Subventionen von Alternativen wie Gaskraftwerken. Das Potenzial der Technologie ist also riesig. Damit es auch wirklich realisiert wird und Speicher ihr volles Potenzial entfalten können, bedarf klarer politischer Entscheidungen und regulatorische Vorgaben, um langfristige Investitionen zu fördern und gleichzeitig die Kosten zu senken, die Energiesicherheit zu stärken und die Energiewende in Deutschland voranzutreiben. Die Bundesregierung sollte daher schnellstmöglich die Vorgaben aus der aktuellen Reform des europäischen Strommarktes zur Festlegung indikativer Speicherziele umsetzen – und darauf aufbauend eine Ausbaustrategie für Batteriegroßspeicher in Deutschland vorlegen.

Die komplette Studie zum Download gibt es hier.

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