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Regelenergie

Definition

Unter Regelenergie versteht man die elektrische Energie oder Leistung, die in einer Regelzone zum Ausgleich von unvorhergesehenen Schwankungen von Angebot und Nachfrage benötigt wird, welche sonst die Stabilität des Stromnetzes gefährden könnten.  
Um das Stromnetz dauerhaft zu stabilisieren, haben die deutschen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) die Verantwortung, die Frequenz des deutschen Stromnetzes konstant bei 50Hz zu halten. Die ÜNBs überwachen und betreiben die Höchst- und Hochspannungsleitungen für den Transport von Strom über lange Distanzen.

Müssen Schwankungen ausgeglichen werden, so kann durch den Einsatz der Regelenergie sowohl Strom in das Netz eingespeist, als auch aus dem Netz entnommen werden. Mehr Stromeinspeisung, zum Ausgleich einer zu niedrigen Netzfrequenz, wird als positive Regelenergie bezeichnet. Bei Drosselung der Einspeisung zur Senkung der Netzfrequenz handelt es sich um negative Regelenergie.

Um die Netzfrequenz zu jedem Zeitpunkt stabil zu halten, gibt es 3 Arten von Regelenergie, welche für verschiedene Szenarien genutzt werden können. Diese sind in folgender Infografik dargestellt.

Bei einer anfallenden Schwankung greift die Primärregelung also zuerst und gleicht die Netzfrequenz aus. Dies funktioniert automatisch und ohne Kommunikation mit den Kraftwerksbetreibern.  
Reicht die Primärregelleistung nicht aus, um die Schwankung zu kompensieren, wird die Sekundärregelung abgerufen.
Für Schwankungen der Netzfrequenz, die über etwas längere Zeiträume auftreten, greift die Minutenreserve.

Wie wird Regelenergie abgerufen?

Ein Anbieter von Primärregelleistung muss die vereinbarte Leistung innerhalb von 30 Sekunden garantiert bereitstellen können, und zwar für maximal 15 Minuten ab Beginn des Regelungsvorgangs. Durch Ihre schnelle Reaktionszeit und die Fähigkeit, positive sowie negative Regelleistung zur Verfügung zu stellen, ist ein Batteriegroßspeicher besonders gut für die Bereitstellung von Primärregelleistung geeignet.  

Was passiert mit dem Speicher also, wenn die Primärregelleistung abgerufen wird?

Bei einem Absinken der Netzfrequenz unter 50Hz speist der Speicher ins Netz ein. Je nach Höhe der Abweichung wird nur ein Teil der Leistung des Speichers abgerufen. Wie im untenstehenden Diagramm zu sehen, wird ab einer Abweichung auf 49,8Hz die volle vermarktete Leistung des Speichers abgerufen.
Bei erhöhter Netzfrequenz von über 50Hz nimmt der Batteriegroßspeicher Strom aus dem Netz auf. Auch hier hängt die abgerufene Leistung von der Höhe der Schwankung ab. Ab einer Abweichung auf 50,2Hz speichert der Speicher dabei mit voller Leistung ein.  

Wer darf am Regelenergiemarkt teilnehmen?

Um am PRL Markt teilnehmen zu können, muss eine Präqualifizierung der Anlagen gegenüber dem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber erfolgen. Hierfür durchfährt das System bestimmte Lastgänge, um sicherzustellen, dass es die Anforderungen der Regelenergie erfüllt. So absolviert das System die sogenannten Doppelhöckerkurve und muss zwei Mal in positive und zwei Mal in negative Richtung in das Netz einspeisen (PQ-Fahrt), um den Präqualifikationsprozess gegenüber dem ÜNB abschließen.

Wie groß ist der Markt für PRL?

Die Ausschreibung für die Primärregelleistung läuft über 4-Stunden Zeitscheiben. Für diese vierstündigen Zeiträume werden 1450 MW Primärregelleistung für das ENTSO-E Netz (Verband europäischer Übertragungsnetzbetreiber) ausgeschrieben. Innerhalb Deutschlands sind es 650 MW.
Aktuell sind 450 MW Batteriespeicher für die Primärregelleistung in Deutschland präqualifiziert. Durch den weiteren Ausbau von Großbatteriespeichern wird der Regelenergiemarkt in Zukunft durch diese dominiert werden. Neben der Regelenergie können Großbatteriespeicher noch für eine ganze Reihe weitere Anwendungsfälle eingesetzt werden. Im Rahmen einer gut abgestimmten Multi-Use-Strategie können Großbatteriespeicher ihr volles Potenzial optimal entfalten.  

Wie wird der Preis für die Regelenergie festgelegt?

Die PRL Preise werden nach dem Merit-Order Verfahren gebildet. Merit-Order bezeichnet die Einsatzreihenfolge von stromproduzierenden Kraftwerken auf dem Stromhandelsplatz. In der Merit Order werden Kraftwerke nach ihren Grenzkosten/Opportunitätskosten angeordnet. Die Grenzkosten beschreiben die variablen Kosten einer produzierten Mehreinheit und sind daher unabhängig von den Fixkosten einer Stromerzeugungstechnologie. Bei konventionellen Kraftwerken sind dies recht genau die Kosten des eingesetzten Energieträgers. Die Opportunitätskosten sind die Erlöse, die in anderen Strommärkten durch die Anlage erwirtschaftet werden könnten.  
Es erhalten so lange Kraftwerke mit höheren Grenzkosten den Zuschlag, bis der Bedarf von den aktuellen 1450 MW gedeckt ist. Das teuerste aufgerufene Kraftwerk bestimmt dann den Marktpreis für die gesamte Regelenergie. So werden Betreiber motiviert, Anlagen mit möglichst niedrigen Grenzkosten zu bauen, um eine größere Marge zu erhalten.

Wie hoch sind die Grenzkosten von Speicherkraftwerken (z.B. Batteriegroßspeicher)?

Speicherkraftwerke haben von allen Marktteilnehmern die niedrigsten Grenzpreise, daher sind die Grenzkosten/Opportunitätskosten von Speicherkraftwerken zukünftig marktbildend. Starke Preisschwankungen bieten flexiblen Anlagen (vor allem Speicherkraftwerken) alternative Erlöspfade und heben damit die Opportunitätskosten in der PRL.

Wie wirkt sich der Kohle- und Atomausstieg und die Energiewende auf die Regelenergie aus?

Der Kernenergie- (2022) und Kohleausstieg (spätestens 2038) verknappen das Angebot an präqualifizierter Leistung. Das lässt gleichzeitig die Opportunitätskosten im Strommarkt für verbleibende Kapazitäten steigen, da diese Kraftwerke in Reserve technisch und rechtlich nicht in der Lage sind, Regelleistung zu erbringen.
Beides wirkt sich positiv auf die Entwicklung der Deckungsbeiträge aus der Primärregelung aus.